Biodiversität

Ein bisschen zaubern

Agrarkonzerne wie die amerikanische Firma Monsanoto, aber auch das Schweizer Unternehmen Syngenta arbeiten in ihren Forschungsabteilungen schon lange mit genetisch veränderten Pflanzen. Nun geht die britische Oxitec, die mit Syngenta eng zusammenarbeitet, einen Schritt weiter: Sie verändern das Erbgut von Insekten. 

Die Banden zwischen Oxitec und Syngenta sind eng: Das Top-Management besteht aus ehemaligen Syngenta-Kadern und an der Entwicklung von genetisch veränderten Pflanzenschädlingen war der Basler Agrokonzern mit eigenem Personal beteiligt. Doch was bezweckt die Erbgut-Manipulation der Insekten? 
Die Oxitec-Leute haben sich zum Ziel gesetzt, Pflanzenschädlinge so zu verändern, dass ihre Nachkommenschaft schon im Larvenstadium stirbt. Doch weil viele Schädlinge ihre Brut in Nahrungsmitteln entwickeln lassen, könnten diese abgestorbene, aber genetisch veränderte Lebewesen enthalten. Dies ist das Ergebnis einer Studie, welche SWISSAID und andere Entwicklungsorganisationen in Auftrag gegeben haben.

Der Bericht, der nun vorliegt, wirkt alarmierend. Doch stellt er auch die berechtigte, aber unbeantwortete Frage, weshalb die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) diese problematische Forschung sogar noch unterstützt. Ein Grund dafür könnte laut der Studie das aggressive Lobbying der ehemaligen Syngenta-Leute sein. Deren Wirken zeige sich beispielsweise deutlich im Entwurf der zuständigen Arbeitsgruppe der Europäischen Lebensmittelbehörde, welche Richtlinien für die Risikobewertung genetisch veränderter Insekten darstellt. Die Folgen technologischer Fortschritte und Entwicklungen abzuschätzen, ist immer schwierig. Doch gerade deshalb ist Vorsicht geboten. Eile hat nur die Industrie, welche gerne an ihren neuen Erkenntnissen verdienen möchte. Den Preis, sollte der Nutzen negativ ausfallen, zahlen alle Menschen, wie das Beispiel Asbest belegt. Ob Tomaten, Oliven oder Kohl mit genetisch veränderten Insektenlarven bekömmlich sind, oder nicht, ist genauso wenig definitiv belegt, wie die Frage, was im natürlichen System des Lebensraumes der Insekten mit genetisch veränderten Organismen passiert.

Kommerzielle Insekten

Der Insekten-Business-Plan mutet durchaus zynisch an. Nach den Vorstellungen der Oxitec-Forscher sollen sich genetisch veränderte Insekten mit natürlichen Populationen vermehren und so lebensunfähige Nachkommen erzeugen. Dazu müssten Abermillionen genetisch veränderter Insekten freigesetzt werden. Zudem Untersucht der Bericht die Frage, wie es möglich war, dass die brasilianischen Behörden ohne das übliche Genehmigungsverfahren und ohne wirkliche Überwachung die Freilassung von 16 Millionen genetisch veränderten Insekten billigen konnten. Für die Studienautoren steht fest: Syngenta plant weltweit die kommerzielle und systematische Verbreitung gentechnisch veränderter Insekten. Davon könnten tausende Arten betroffen sein, die wiederum wichtige Funktionen in der Natur übernehmen – so zum Beispiel auch als Nahrungsgrundlage für Vögel.

Trotzdem hat es Oxitec in den vergangenen fünf Jahren geschafft, nicht nur die Insekten so zu manipulieren, dass die Larven nicht überlebensfähig sind. Sie hat gleichzeitig auf politischer Ebene erreicht, dass das Thema nicht kontrovers diskutiert und dass keine Behinderungen auf gesetzlicher Ebene geschaffen wurden – auch nicht bei zertifizierten Nahrungsmitteln. Genauso wurde laut der Studie keine stichhaltige und belegbare Risikobewertung vorgenommen. Klar ist aber auch, dass der Bedarf an genetisch veränderten Insekten vor allem dort gross ist, wo sie zu einem Problem werden. Probleme mit Insekten treten vor allem dort auf, wo sie keine natürlichen Feinde mehr haben, wo also beispielsweise keine Vögel mehr fliegen. Das ist vor allem bei Monokulturen der Fall. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass die ersten Freiversuche in Brasilien stattfinden, wo gigantische Flächen von Zuckerrohr für die Agrotreibstoffproduktion und Soja als Futtermittel angebaut werden.

Die Umweltorganisationen fordern deshalb dringend, auch beim Einsatz genetisch veränderter Insekten schnellstmöglich die längerfristigen Folgen zu belegen und klare Regeln für Gen-Insekten zu schaffen. Alleine schon deshalb, um die Hersteller davor zu schützen, dass sie am Ende wie Zauberlehrlinge dastehen.

 

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